Muss man es denn wirklich allen recht machen? Nur weil manche Menschen nicht verstehen, dass die Sprache ein generisches Maskulin besitzt und dieses nichts mit dem menschlichen Geschlecht zu tun hat und sich dann sogar noch persönlich angegriffen fühlen, wenn das verwendete Wort nicht ihrer persönlichen Geschlechteridentifikation entspricht, müssen sich alle anderen sprachlich verbiegen und die Sprache auf den Kopf stellen? Die Worte sind wertungsfrei solange man sie nicht in einem Satz verpackt, die eine Wertung haben.
Ich bin nicht sonderlich sprachbegabt und tue mich dem Lernen von Sprachen äußerst schwer. Es hat enorm viel Energie gekostet Englisch einigermaßen auf die Reihe zu bekommen und ich bin froh wenigstens Deutsch einigermaßen zu beherrschen. Jetzt soll ich meine Muttersprache ablegen und ein neues Deutsch lernen? Ich habe es noch nicht mal geschafft in den 15 Jahren hier bayerisch zu lernen.
Die Nächste kommt dann um die Ecke und verlangt die Verbannung von das Doppel-S (“ss”) aus allen Worten, weil sie sich davon an die SS aus dem zweiten Weltkrieg erinnert fühlt.
Frau (Männern sind auch gemeint, aber “man” gilt es vermutlich auch zu vermeiden) möge mich nicht falsch verstehen: ich bin für die Gleichheit aller Menschen und unterstütze das, wo ich nur kann. Aber wenn es um genderneutrale Sprache geht, wird an der völlig falschen Front gekämpft. Gleichberechtigung (nicht zu verwechseln mit Gleichheit) fängt nicht mit der Umgestaltung der Sprache an. Martin Luther King Jr. hat keine Sprachreform raus gebracht, um den unterdrückten Menschen zu helfen und es war auch keine Sprachreform nötig, um den Frauen das Wahlrecht einzuräumen oder die Möglichkeit zu schaffen sich eigenständig zu versichern.
Ich will hierzu jetzt auch keine Seiten füllen, denn diese Community ist meiner Meinung nach einfach der falsche Ort für Geschlechterkämpfe. Es ist schon genügend Energie nötig, dieses Projekt gegen die großen Konzerne in Konkurrenz zu bringen. Oder man wendet die Energie lieber dafür auf, es Legastheniker oder Sehbehinderten (Farbschwächen, usw.) zu erleichtern die Plattform zu nutzen.
Ich würde es aber begrüßen, wenn man sich weiterhin an allgemeingültiges Hochdeutsch orientiert und die Verständlichkeit der Texte in den Vordergrund stellt. Dafür muss die Sprache nicht mutwillig kastriert werden.
Möge jede zu Hause sprechen, was immer sie dort sprechen mag - und das ist auch schon der Fall. Es muss aber nicht jeder Dialekt und jedes persönlich bevorzugte Wort in Computer-Programmen auftauchen.
Und wenn mich nun jemand als Arschloch beschimpft, dann rege ich mich nicht auf, dass “Arschloch” doch neutrum ist und ich aber männlich bin oder die wörtliche Reduktion meiner Person auf eine kleine, unschöne Körperöffnung meine Persönlichkeit verletzt.
Dieses Wort ist solange bedeutungslos, bis ich ihm eine Bedeutung gebe. Nämlich wenn ich mir begreiflich mache, dass dieses Wort bewusst gewählt wurde, mich zu provozieren und mir eine Beleidigung entgegen zu bringen. Muss ich mich davon beleidigen lassen? Vom Wort auf jeden Fall nicht; von der Absicht dahinter vielleicht. Auf jeden Fall lasse ich das Wort nicht aus dem Wörterbuch streichen, weil ich mich davon angegriffen fühlen könnte.